Kapitel 3. Die Panzerung ist hart und unsere Panzer sind schnell …

         Einfach zu sagen, dass "die Rote Armee die angriffslustigste von allen Armeen sein wird, die jemals angegriffen haben", ist nicht genug. Man musste Instrumente schaffen, die dieser Aufgabe entsprechen. Die Hauptstoßkraft der Landarmeen Mitte des 20. Jahrhunderts waren Panzertruppen. Kein anderes Land in der Welt außer der Sowjetunion hat derart große Bemühungen an den Tag gelegt und bei der Errichtung dieses Hauptbestandteils der Streitkräfte so viel erreicht. Kein anderes Land in Europa hatte solche Hindernisse und Schwierigkeiten bei der Aufstellung der Panzertruppen, wie Deutschland, dem es – wir wiederholen es noch einmal – nach dem Versailler Friedensvertrag überhaupt verboten war, Panzer herzustellen oder sie im Ausland zu kaufen.      

         Im Ergebnis führte damals (Anfang der 30er Jahre) die deutsche Reichswehr, als in der UdSSR Panzer in Serienproduktion gingen und die ersten in der Welt großen Panzerverbände aufgestellt wurden, ihre Wehrübungen im Feld mit Pappmodellen nicht existierter Panzer durch. Nachdem Hitler an die  Macht gekommen war und Deutschland (zuerst tatsächlich, und dann formell) sich weigerte, die Beschränkungen des Versailler Vertrags einzuhalten, begann die Planung der ersten deutschen gepanzerten Fahrzeuge, die für Ausbildungs- und Kampfzwecke bestimmt waren. So beschreibt die Geschichte ihrer Entwicklung der Hauptideologe und Erschaffer der deutschen Panzertruppen G. Guderian:

"... Wir hielten es für notwendig, zuerst solche Panzer zu produzieren, die zu Ausbildungszwecken eingesetzt werden konnten... Solche Panzer, die die Bezeichnung Pz- I bekommen hatten, konnten bis 1934 hergestellt und als Ausbildungspanzer verwendet werden, bis neue Kampfpanzer produziert werden... Niemand dachte natürlich im Jahre 1932, dass wir mit diesen kleinen Ausbildungspanzern in den Kampf eintreten werden..."  Aber Pz-I hatte doch vollkommen merkliche Vorteile. Der schon erwähnte Guderian schreibt in seinen Memoiren: "Schüler, die früher unsere Modelle mit ihren Bleistiften durchstochen hatten, um darin reinzugucken, waren über unsere neuen gepanzerten Fahrzeuge erstaunt..."  ( 16 )

         Während wißbegierige (und zum Glück wußten sie nicht, was sie in nächster Zukunft erwartet) deutsche Jungen an Panzerattrappen aus Pappschachteln herumfummelten, wurde die Anzahl der echten Panzer, mit denen die Rote Armee ausgestattet war, auf 3460 erhöht. Wenn wir zu den echten (mit Kanonen oder Flammenwerfern bewaffneten Panzern) noch leichte kleine Maschinengewehrpanzer (Analoge der deutschen Pz-I) dazuzählen, so beträgt der sowjetische Panzerbestand 7574 Stück. So wenig davon gab es am 1. Januar 1934. Drei Jahre später wurde die Anzahl der Panzer in der Roten Armee dank „der friedlichen schöpferischen Arbeit des sowjetischen Volkes“ um weitere 10 Tausend Stück auf 17.280 erhöht. (1, S. 601)

         Eine riesige (die keinesfalls mit der Anzahl der Panzer in anderen Ländern der Welt zusammengenommen verglichen werden konnte) Zahl der gepanzerten Fahrzeuge gab die Möglichkeit, zur Aufstellung von (mechanisierten) Panzertruppenteilen und Panzerverbänden zu übergehen. 1930 wurde die erste gesonderte mechanisierte Brigade aufgestellt. 1932 wurde diese mechanisierte Brigade in ein mechanisiertes Korps umgewandelt. Zum Stand am 1. Januar 1933 hatte die Rote Armee 2 mechanisierte Korps, 5 mechanisierte Brigaden, 14 gesonderte mechanisierte Regimente und Panzerregimente, 15 selbständige Panzerbataillone, 69 mechanisierte Divisionen und Kleinpanzerdivisionen. (38) Gesonderte Bataillone und Divisionen waren gewiß nur die ersten bescheidenen Ansätze auf dem Weg zur Aufstellung neuer Panzertruppen. Der Schwerpunkt lag auf der Aufstellung großer operativer und selbständiger Verbände. Bereits 1932 wurde die Anweisung „wie wirft man selbständige mechanisierte Verbände in die Schlacht“ verabschiedete, und Ende 1935 gab es in der Roten Armee bereits 4 mechanisierte Korps und 18 Panzerbrigaden. Im kommenden Jahr 1936 wurden die Panzerbrigaden auf 30 erhöht. (1, S. 604)

         Und in dieser Zeit … Lesen wir die Memoiren von Guderian weiter: "In Anbetracht der Tatsache, daß sich die Produktion der wichtigsten Panzerarten für eine längere Zeit verzögerte, als wir angenommen hatten, beschloß General Lutz, noch eine Zwischenvariante des Panzers zu bauen, der mit einer automatischen 20-mm-Kanone und einem Maschinengewehr bestückt wird ".

         Die 20-mm-Kanone war ihren ballistischen Eigenschaften nach gegenüber dem sowjetischen 14,5-mm- Degtjarew-Panzerabwehrgewehr etwas unterlegen (dabei übertraf sie es zweifellos an Feuerrate). So wäre die genaueste Bezeichnung für den neuen deutschen „Panzer“ Pz-II  wohl „ selbstfahrendes Panzerabwehrgewehr mit Maschinengewehr“. Für die Erfüllung der wichtigsten Aufgaben des Panzers – Vernichtung der Feuermittel, Befestigungen und der lebenden Kräfte des Feindes – war das „Geschösschen“ mit einem Gewicht von 120-145 g, das (in verschiedenen Varianten) von 4 bis 9 g Sprengstoff enthielt, äußerst schwach.  Vor dem Krieg wurden mit Kanonen dieses Kalibers in der UdSSR nur Jagdflugzeuge, aber nicht Panzer bestückt. Dabei zeigten Tests und der Kampfeinsatz der 20–mm-Flugzeugkanonen, dass die „Vernichtung der lebenden Kräfte auf einem offenen Gelände“ nur beim Volltreffer möglich und die Splitterwirkungsfläche des 20-mm-Geschosses absolut gering war. Und von diesen „neuesten Panzern“ Pz-II produzierte die deutsche Industrie vom Ende 1935 bis März 1937 (fürchterlich zu sagen)110 Stück. 

        Die erste Auseinandersetzung der zukünftigen Gegner fand auf den Kampffeldern im spanischen Bürgerkrieg statt. Deutschland lieferte an Franco kleine 6-Tonnen-Maschinengewehrpanzer Pz-I, das faschistische Italien lieferte das Beste, was es hatte: Einen 3,5-Tonnen-Panzer „Fiat-Ansaldo“ CV-3, der mit einem Maschinengewehr auf dem Drehkranz in einem unbeweglichen (!) Turm ausgestattet war. Die sowjetische Regierung lieferte den Republikanern 10-Tonnen-Panzer Т-26 und 13-Tonnen-Panzer BT-5, die mit einer 45-mm-Kanone ausgestattet waren. Das panzerbrechende Geschoss der sowjetischen Panzerkanone 20К durchschlug die Panzerung feindlicher Kleinpanzer auf einer 1 km langen Distanz (auf einer größeren Distanz hätte er auch die Panzerung durchschlagen können, aber es ist fast unmöglich, aus so einer Entfernung einen Panzer zu treffen), und die Infanterie der Rebellen wurde mit 2,13 kg schweren vollwertigen Splittersprenggeschossen beschossen, deren Wirkungsbereich 15 x 6 m groß war.

        Die Auseinandersetzung mit sowjetischen Panzern beeindruckte sowohl unmittelbare Teilnehmer der Kampfhandlungen, als auch ausländische Militärfachleute sehr stark.    

     "…Republikanische Panzer mit Kanonenbewaffnung kämpften gegen kleine (Maschinengewehr-) Panzer des Feindes und schlugen in allen Fällen seinen Panzerangriff erfolgreich zurück…Leichte Panzer der Rebellen, die mit einem Maschinengewehr bewaffnet waren, waren gegen mit Kanonen bestückte Panzer der Republikaner  kraftlos…

Die Panzer der Rebellen hatten Angst vor Gegenangriffen der republikanischen Panzer mit  Kanonenbewaffnung und drängten sich deshalb an die angreifende Infanterie… Republikanische Panzer kämpften immer dreist und entschlossen, indem ihr Feuer und Gewicht verwendeten, wobei die feindliche Infanterie große Verluste erlitt.  Sie zerstörten Feuerpunkte, Panzerabwehrgeschütze und sogar Divisionsartillerie… " ( 34)

      "…Der deutsche Panzer, der die Grundlage für die Bewaffnung neuer Panzerdivisionen in Deutschland bildete, erwies sich als eine sehr mittelmäßige und eine fast untaugliche Waffe… Der deutsche leichte Panzer (wie wir schon erwähnt haben und alle sowohl deutschen, als auch der italienischen Fachleute bestätigen) erwies sich als vollkommen ungeeignet. Vielleicht kann er manchmal unter besonders günstigen Bedingungen rein zu Aufklärungszwecken eingesetzt werden, aber für den Kampf im eigenen Sinne dieses Wortes, sogar für die Begleitung der Infanterie kommt dieser Panzer nicht in Frage… Im Gegenkampf waren die Panzer der Regierungstruppen den der Rebellen überlegen… " ( 35)

       Der zukünftige Armeegeneral D. Pawlow (als einer der ersten sowjetischen Panzersoldaten ist er 1936 in Madrid angekommen) drückte seine Bewertung der Kampferfahrung in Spanien „geschwollen und entschlossen“ aus, wie es damals die Felddienstordnung der Roten Armee verlangte:

"Die Kampferfahrung in Spanien war für die Deutschen eine Lehre und zeigte ihnen, welche Panzer man brauchte, weil leichte deutsche Panzer im Kampf mit republikanischen Kanonenpanzern nicht zu verglichen waren und schonungslos zerstört wurden..." ( 14 )

        Pawlow hatte Recht. Der Krieg in Spanien „war für die Deutschen eine Lehre“, und sie verstanden endlich, „welche Panzer benötigt wurden“. Es wurden zwei Modelle eines vollwertigen Kampfpanzers konstruiert und in die Produktion gegeben: Pz-III, der mit einer 37-mm-Kanone bewaffnet war, und Pz-IV mit einer 75-mm-Kurzrohrkanone (die Deutschen nannten sie „Stummel“). Aber die „Geschichte“ hat Hitler wenig Zeit gegeben: Bis Ende 1938 konnte die deutsche Industrie 71 (einundsiebzig) Pz-III und 115 (einhundertfünfzehn) Pz-IV produzieren. Im nächsten Jahr wurde die Panzerproduktion in demselben Tempo– „im Schneckentempo“ weitergeführt. Bis zum 1. September 1939 hatte die Wehrmacht im Bestand 98 Pz-III, 211 Pz-IV und 280 leichte tschechische Beutepanzer Pz-35(t)/Pz-38(t), die mit einer 37-mm-Kanone bewaffnet waren. 87 Pz-III, 198 Pz-IV und 167 tschechische Panzer aus dieser Menge befanden sich unmittelbar in den Kampftruppen. Insgesamt: 452 Panzer, aufgerundet – fünfhundert.

         Am 1. Januar 1939 (9 Monate vor Beginn des Weltkrieges) hatte die Rote Armee 11.765 Panzer, die mit einer 45-mm-Kanone oder mit einem Flammenwerfer (Т-26, BT-5, BT-7) bewaffnet waren, und mehr als 412 Panzer, die mit einer 76-mm-Kanone („Mehrturmpanzer“ Т-28 und Т-35) bewaffnet waren. „Mehr als“, weil es unter 3351 Panzern BT-7 einige (höchstwahrscheinlich fast alle) 154 hergestellten Panzern BT-7A mit einer 76-mm-Kurzrohrkanone gab. Insgesamt: 12 Tausend Panzer mit echter Artilleriebewaffnung.. (1, S. 601)

Am 1. September 1939 wurden ihrer noch mehr. Nachdem sowjetische Historiker diese Informationen analysiert hatten, kamen sie zu einem einzigen (für sie) möglichen Schluß:

"…Die sowjetische Regierung konnte man mit einem Menschen gleichsetzen, den immer höher von der Meeresflut erfaßt wird: Das Wasser reicht ihm schon bis an die Knien, dann bis an den Gürtel, Brust, Hals… Noch ein Augenblick – und das Wasser verdeckt seinen Kopf, wenn der Mensch keinen schnellen entscheidenden Sprung macht, der ihn auf einen Felsen bringt, welcher von der Flut nicht erfasst werden kann…" ( 36)

          Wasser (oder eine andere Flüssigkeit) „verdeckte den Kopf“ sowjetischer Propagandahistoriker, und sie quasselten gute 50 Jahre lang, Stalin und Molotow hätten vor 500 deutschen Panzern unbeschreiblich starke Angst bekommen, es wäre ihnen eiskalt über den Rücken durch den Gedanken gelaufen, dass diese Panzer, nachdem sie über ganz Polen vorgestoßen waren, (und damals war es zweimal so breit, wie jetzt) im Oktober 1939 unter dem Herbstregen gerade über weißrussische Sümpfe auf Smolensk und Moskau vorstoßen werden. Und daß nur der verzweifelte Wunsch, der unerbittlichen Gefahr auszuweichen, sie zwang, sich in die „heimtückischen Arme“ des treubrüchigen Ribbentrop zu werfen… Wollen wir aber für Diskussionen über das blödsinniges Gerede der kommunistischen Propaganda keine Zeit verschwenden. Besprechenswert ist nur, welche Schlüsse die militärische und politische Führung der UdSSR aus den Kriegserfahrungen in Spanien gezogen hat. 

         Ein belesener Leser weiß wahrscheinlich Bescheid, dass „auf Grund der falschen Bewertung der Erfahrungen des spanischen Panzereinsatzes eine fehlerhafte Entscheidung über die Auflösung großer Panzerverbände getroffen wurde“. In dieser gängigen Legende ist jedes Wort falsch. Das Debüt sowjetischer Panzer und Panzersoldaten in Spanien war mehr als erfolgreich. Es erregte keine überflüssige „Besorgnis“ in Moskau. Aufgelöst wurden 4 mechanisierte Korps (Panzerkorps), aber Panzerbrigaden wurden nicht aufgelöst. Der Sollbestand einer Leichtpanzerbrigade (LPB) setzte sich im Jahre 1938 aus 4 Panzerbataillonen (je 54 Linienpanzer Т-26 und BT und 6 „Artilleriepanzer“, die mit einer 76-mm-Kanone bewaffnet waren),  einem Panzergrenadierbataillon, einem Aufklärungsbataillon und anderen Einheiten zusammen. Insgesamt 4356 Personen, 258 Panzer (7, S. 276). Man kann es kaum „einen kleinen Panzerverband“ nennen. Die Schlußfolgerungen aus praktischen Erfahrungen des Krieges in Spanien wurden sehr richtig und gewogen gemacht, und zwar: "Man solle nicht vorgreifen". Man soll für die Panzertruppen keine operativen Aufgaben stellen, deren Erfüllung beim vorhandenen Gerät noch nicht möglich ist.

          Um diese „Unmöglichkeit“ in die Sprache konkreter Zahlen zu übersetzen, betrachten wir zwei zusammen hängende Parameter: Die Panzerdurchschlagsleistung der meist verbreiteten Arten der Panzerabwehrgeschütze und Panzerung der Panzer in der UdSSR und Deutschland.

 

 

Gewicht des Geschosses, kg

Anfangsgeschwindigkeit,  m/sek

Panzerdurchschlagsleistung auf 100 m

Panzerdurchschlagsleistung auf 500 m

deutsche 37-mm-Kanone

    0,68

              760

  40 mm  /   34mm

       35 mm   /    28mm

sowjetische 45-mm-Kanone

    1,43

              760

  51 mm   /    43 mm

        45 mm   /   38 mm

    Anmerkung: Die erste Zahl bezieht sich auf das Schießen unter dem 90°-Winkel zur Panzerung, und die zweite – auf den Aufprall des Geschosses auf die Panzerung unter dem 60°-Winkel.

 

Panzerung, mm

  Т-26

   BT-7

 Pz-38(t)

 Pz-III

 Pz-IV

    Stirnseite

   15

   22

    25

   30

   30

   Bord

   15

   13

    15

   30

   30

     Anmerkung: Angegeben ist die Stärke der Panzerung der in den Jahren 1939-40 meist verbreiteten Panzermodelle Pz-III D,E.F und  Pz-IV D,E

 

         Aus den oben angeführten Tabellen ist ersichtlich, daß die Panzerung aller deutschen und sowjetischen Panzer in den Jahren 1939-1940 keinen Schutz gegen das Feuer der Panzerabwehrartillerie bot. Die Panzerung aller dieser Panzer schützte tatsächlich nur gegen Kugeln.

        Der Unterschied zwischen den deutschen und sowjetischen Panzern bestand nur darin, dass die kugelsichere Panzerung der sowjetischen Panzer T-26 und BT rationell und auf das Kriterium „der vernünftigen Suffizienz“ abgestimmt war. Für den Schutz gegen Schützenfeuer reichte eine 10-15 mm starke Panzerung (nebenbei gesagt, wurden gepanzerte Rückenlehnen von Jagdflugzeugen aus 7-8 mm starken Blechen gemacht, und das reichte zum Schutz von Geschossen der Schnellfeuerflugzeugmaschinengewehren eines Gewehrkalibers völlig aus). Deutsche Panzer wurden mit einer 30-mm-Panzerung ziellos überladen, die zum Schutz gegen Gewehre und Maschinengewehre überflüssig, und zum Schutz gegen 45-mm- Geschosse sowjetischer Panzerabwehr- und Panzerkanonen absolut ungenügend war. Mit solch einem Verhältnis zwischen dem „Schild und Schwert“ konnte ein Panzerstreifzug tief in den Rücken des Gegners mit einer vollen Vernichtung der „Herde“ der Leichtpanzer enden, die von ihrer Infanterie und Artillerie getrennt wurden.    

      "…Panzer, Artillerie, Luftstreitkräfte bleiben bis jetzt Hilfswaffengattungen, die für die Infanterie arbeiten, die in großen allgemeinen Armeeverbänden zusammengefasst ist… Panzer ersetzen die Artillerie bei weitem nicht, im Gegenteil geht eine Panzeroffensive auf eine disziplinierte Verteidigung ohne mächtige Artillerieunterstützung (von mir unterstrichen – M.S.) mit großen Verlusten einher… Es ist kaum sinnvoll, selbständige Panzergruppen in die Tiefe der Verteidigungslinien am Anfang des Infanterieangriffs zu werfen, weil diese Gruppen große Verluste erleiden werden, indem sie gegen das unverstimmte System der Panzerabwehrgeschütze kämpfen werden ..." (34)     

          Soll man das ganze Obengesagte so verstehen, dass ein leichter Panzer mit kugelsicherer Panzerung Anfang der 40er Jahre zu einer leichten Beute für die Panzerabwehrartillerie, zu einem fast nutzlosen, aber kostspieligen Spielzeug geworden ist? Diese absurde Vermutung verwandelte sich unter der flinken Feder sowjetischer Historiker in die unumstößliche Wahrheit. Aber nur in einem einzigen Fall – in Bezug auf sowjetische Т-26 und BT („hoffnungslos veraltet….“, „aus Karton gemacht“…brannten wie Kerzen…, geeignet nur zum Sperlingschießen…). Komisch, aber über die feindlichen Panzer wurde von niemandem etwas Ähnliches irgendwann geschrieben, und es war für keinen ein Wunder, dass leichte deutsche Panzer mit kugelsicherer Panzerung und schwacher Bewaffnung bis Moskau, Tichwin und Rostow vorgedrungen sind. Der Panzer ist nur ein Werkzeug, und das Ergebnis seiner Verwendung hängt vor allem von der Verwendungstaktik ab, und nämlich von der Abgestimmtheit dieser Taktik auf die Eigenschaften (technischen Daten) der Bewaffnung.

         Was soll es tatsächlich bedeuten? "Hoffnungslos" für den Panzer ist das Verhältnis zwischen der Panzerung und der Panzerdurchschlagsleistung eines Artilleriegeschosses nur in der Situation, wenn auf einem wie ein Tisch glatten Feld ein einzelner Panzer steht und wartet, bis ihn ein Geschoss trifft. Ungefähr so wird auf Zielscheiben auf einem Artillerieschießplatz geschossen, woraus sich  Panzerdurchschlagsleistungstabellen ergeben, aus denen entnommene Daten oben angeführt sind. In einem echten Kampf ist alles ein bißchen anders.

         Erstens bewegt sich ein Panzer. Sogar ein auf einem vom Regen aufgeweichten Feld langsam dahinschleichender Panzer T-26 überwindet die letzten 600 m (einen rollenden Panzer aus einer großen Entfernung zu treffen ist fast unmöglich) zu den Feuerstellungen einer Panzerabwehrkanone in 3 Minuten. Ein über eine sonnenverbrannte ukrainische Steppe fahrender Schnellpanzer BT wird diese Zeitspanne doppelt bis dreifach reduzieren. Theoretisch kann die Bedienung eines Panzerabwehrgeschützes 10-15 Schüsse pro Minute machen. Aber wenn man dabei nicht zielt, sondern einfach ins Blaue hinein" schießt. In der Tat und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Rückstoß nach dem Schuß das Visier verstellt, stehen den Kanonieren nur 5-10 Schüsse zur Verfügung.

         Aber ein Panzer schleicht auf dem Feld nicht einfach dahin, außerdem schießt er noch. Die Chancen der Gegenparteien im „Duell“ zwischen einem Panzer und einer Panzerabwehrkanone sind keinesfalls gleich. Ein panzerbrechendes Geschoß, das einen Zentimeter am Turm des Panzers vorbeisaust, fügt ihm keinen Schaden zu, während ein Splittergeschoss (auch wenn es aus einer sowjetischen 45-mm-Kleinkaliberpanzerkanone  20К abgefeuert wurde), das ein paar Meter von der Feuerstellung explodiert, das Geschütz unausbleiblich zum Schweigen bringen wird (ein 45–mm-Geschoss zerfiel in 100 tödliche Splitter, gegen die die Bedienung der Panzerabwehrkanone außer der Feldbluse keinen anderen Schutz hatte). Deshalb sind 5-10 Schüsse, die wir oben erwähnt haben, in einem echten Kampf für die Bedienung der Panzerabwehrkanone ein unerreichbarer Traum – nach den ersten Schüssen wird die (gut vorbereitete und ausgebildete) Besatzung des Panzers das schießende Geschütz entdecken und mit ein paar Splittergeschossen wegblasen.

        Aus diesen einfachen Überlegungen folgt, dass der leichteste und der effektivste Durchbruch durch die Panzerabwehrverteidigung dasselbe Prinzip der Konzentration, das für das ganze Kriegswesen Basisprinzip ist. Eine Panzerbrigade (258 Leichtpanzer Т-26 und BT), bricht die durch Verteidigung eines Infanterieregiments der Wehrmacht, das nur eine Kompanie der Panzerabwehrkanonen mit 12 37-mm-Panzerabwehrkanonen im Bestand hat, garantiert durch, wenn sie ihre Kampfordnung auf einer 2-3 km breiten Front entfaltet. Auch wenn das Kommando der Infanteriedivision es schafft, eine Jagdpanzerabwehrdivision (36 37-mm-Panzerabwehrkanonen) in kürzester Frist ins Durchbruchgebiet zu verlagern, gelingt es ihm nicht, den Angriff von zwei Hunderten Panzer zu stoppen. Dabei sind einige Panzerverluste unvermeidlich, aber der Durchbruch der Verteidigung ist auch unvermeidlich. Die Anzahl dieser „einigen“ Panzer kann durch die Artillerieunterstützung des Panzerangriffs auf ein Minimum (oder sogar auf Null) reduziert werden.

         Massiertes Artilleriefeuer – wie paradox das auch klingt -  übt die Funktion einer „zusätzlichen Panzerung“ aus, die leichten Panzern mit kugelsicherer Panzerung die Möglichkeit gibt, auf dem Kampffeld zu überleben. Das Wort „massiert“ wurde im letzten Satz nicht des Wohlklanges halber verwendet. Die Haubitze schießt mit ungezieltem Steilfeuer, und man muss mehrmals schießen, bis eines der Geschosse neben der Feuerstellung der feindlichen Panzerabwehrkanone explodiert. Und wie viel konkret bedeutet dieses „mehrmals“? Nach sowjetischen Vorkriegsnormen – von 70 bis 90 Geschosse einer 122-mm-Haubitze. Aber in einem Panzerregiment (oder in einer Panzerbrigade) gibt es keine Haubitzen, aber ein Haubitzenregiment einer Schützendivision hat sie im Bestand. Anders gesagt ist die Zusammenarbeit erforderlich. Ein sehr einfaches Wort, mit einer klaren Bedeutung, von dem im Kampf alles abhängt.

 

          Die Felddienstordnung PU-39 forderte entschlossen: "Keine Kampfhandlungen auf dem Kampffeld sind ohne Artillerieunterstützung möglich und unzulässig… Ein Angriff der Panzerspitzen muß in allen Fällen mit der Artillerieunterstützung verstärkt sein und ohne sie nicht zulässig… " Es stand die Zusammenarbeit mit der Schützendivision bevor, deren Haubitzenregiment (zum Stand am April 1941) über 36 Haubitzen verfügte. Die für die sichere Vernichtung einer deutschen Kompanie der Panzerabwehrkanonen  (12 Kanonen) notwendigen Tausend Geschosse wird ein Haubitzenregiment in 15-20 Minuten verbrauchen. Allerdings muß man wirklich das Wichtigste wissen: Wohin soll man schießen? Welches Quadrat der topographischen Karte muß man mit diesen Tausend Geschossen beschießen? Folglich braucht man die Aufklärung (darunter die von allen Aufklärungsarten genaueste Gewaltaufklärung), man braucht stabile Verbindung, Beobachtung des Artilleriefeuers und noch viel anderes, was Kanonen, Panzer, Maschinengewehre zu einem einheitlichen Kampfmechanismus zusammenfaßt. Das wichtigste „Teil“ dieses „Mechanismus“ war, ist und wird der Kommandeur sein. Ein ausgebildeter, erfahrener, tapferer Kommandeur. Mit so einem Kommandeur und bei reibungsloser Zusammenarbeit mit der Artillerie wird ein Panzerverband, der nur mit leichten Panzern mit kugelsicherer Panzerung ausgestattet ist, die Verteidigung der Infanteriedivision garantiert durchbrechen.

          Wie gut der oben beschriebene Mechanismus der Zusammenarbeit auch immer geregelt wird, er wird unvermeidlich in ein paar Stunden auseinanderfallen, nachdem die Panzer durch die erste Linie der gegnerischen Verteidigung durchgebrochen und in die taktische Tiefe gegangen sind. Die Artillerie und die Infanterie einer herkömmlichen Schützendivision können nicht so schnell wie Panzer sein, und ohne Unterstützung gebliebene Panzer können sich in der Tiefe der gegnerischen Stellungen nur auf den einzigen Helfer – auf die Panik verlassen. In diesem Sinne entwickelt sich ein Panzerstreifzug nach denselben Gesetzen, die in den Kriegen des vorigen Jahrhunderts den Erfolg oder Misserfolg einer Kavalleriestreifzuges bestimmt haben. Wenn die Verteidiger panikergriffen waren, wenn die Kommandeure nicht in der Lage waren, diese Panik zu überwinden, dann wurde auf die Flüchtigen mit Säbeln eingehauen -  das beste Vernichtungsmittel, das von der Kavallerie verwendet wurde. Wenn die Kommandeure in diesen entscheidenden Minuten des Kampfes die Führung und die Kontrolle über ihre Untergeordneten beibehielten, so wurden die praktisch schutzlosen Pferde von der Artillerie und Maschinengewehren der Verteidiger schonungslos vernichtet. Im großen und ganzen geschieht dasselbe, aber mit Anmerkung, daß in diesem Fall andere technische Kampfmittel zum Einsatz kommen, mit der Gruppe leichter Panzer, die von ihrer Infanterie und Artillerie getrennt wurde. 

         Diese sehr simple Theorie wurde durch den Krieg in Spanien bestätigt. Bei Auswertung der Erfahrungen dieses Krieges zogen sowjetische Militärspezialisten ganz richtige Schlüsse, indem sie sich von ihren früheren hochmütigen Stimmungen distanzierten, und die Möglichkeit, mit selbständigen Panzerverbänden  „vernichtende aufsplitternde Stöße“ zu legen, auf die Zukunft verschoben. Auf die nächste, aber noch nicht heutige Zukunft. Und statt Pfeile und Quadrate der Organisationsstrukturen auf Karten zu zeichnen, beschäftigten sie sich mit der materiell-technischen Vorbereitung auf diese Zukunft. "Wenn man Schlüsse aus den Erfahrungen des Krieges in Spanien zieht, soll man alle seine spezifischen Bedingungen berücksichtigen... Wenn eine tiefe Offensivoperation in Spanien nur im Ansatz war, so werden in einem großen Krieg im Zusammenhang damit, daß moderne Armeen mit technischen Kampfmitteln reichlich ausgestattet sind, in der Regel tiefe vernichtende Kampfhandlungen zwecks Einschließung und Vernichtung des Gegners geführt werden… " (34)                       

 

         Welche Änderungen in der technischen Ausrüstung der mechanisierten Verbände (Panzerverbände) wurden benötigt, damit sie „tiefe vernichtende Kampfhandlungen“ im operativen Rücken des Feindes, getrennt von der Hauptmasse ihrer Truppen (Infanterie) führen können? Eine ausführliche Beantwortung dieser Frage wird der Verfassung einer einzelnen militärtechnischen Monografie bedürfen. In äußerst komprimierter und unvermeidlich zusammengefaßter, vereinfachter Form kann man das folgende Verzeichnis der notwendigen technischen Modernisierungen formulieren:

- die Panzerung der Panzer auf das Niveau verstärken, das den Schutz gegen die Panzerabwehrartillerie der meist verbreiteten Kaliber sichern kann, und zwar aus allen Richtungen (Stirnseite, Bord, Heck) 

- die eigene Artilleriebewaffnung des Panzers auf das Niveau verstärken, das das Artillerieduell mit der Panzerabwehr- und Regimentsartillerie des Gegners ermöglicht

- die Haubitzenartillerie der mechanisierten Verbände (Panzerverbände) mit Mitteln des mechanischen Antriebes ausrüsten, deren Geschwindigkeit und Geländefähigkeit mit der Geschwindigkeit und Geländegängigkeit eines Panzers verglichen werden können.

- der Infanterie der mechanisierten Verbände Schützenpanzerwagen zur Verfügung stellen, die die Geschwindigkeit und Geländefähigkeit eines Panzers haben 

         Kein einziges Land der Welt konnte solch ein Niveau der technischen Ausrüstung seiner Armee sowohl am Anfang, als auch am Ende des 2. Weltkrieges erreichen, obwohl einzelne Elemente der Panzertruppen der Zukunft schon im Laufe des Krieges entstanden. Ein riesiger technologischer und „Konstruktionsspielraum“, der in den 30er Jahren in der Panzerindustrie  der UdSSR gebildet wurde, gab der Roten Armee die Möglichkeit, ein paar Schritte zu dieser Zukunft früher, als alle in der Welt zu machen.

         Der Hauptbestandteil eines qualitativen Sprunges war das Schaffen von zwei neuen Panzertypen mit vollwertiger geschoßsicherer Panzerung des mittleren Panzers Т-34 und des schweren Panzers КV. Die Kampflebensfähigkeit neuer sowjetischer Panzer wurde auch durch die Verwendung des Dieselmotors gesteigert, der mit Treibstoff betrieben wird, der im Hinblick auf den Brand und Explosion der Dämpfe weniger gefährlich ist. Noch ein unbestreitbarer Vorteil von Diesel ist seine Wirtschaftlichkeit, wodurch bedeutend schwerere sowjetische Panzer einen größeren Fahrbereich als ihre deutschen Gegenstücke hatten. So lag der Fahrbereich der deutschen Panzer Pz-III und Pz-IV unter 150-200 km, während Т-34 nach einer Tankung 300 km fahren konnte (die letzten Modifikationen von Т-34/76 hatten einen Fahrbereich über 400 km), und der des KV – bei 250 km. Mit Dieselmotoren wurden auch leichte Panzer BT letzter Modifikation (BТ-7М) bestückt, dabei wurde eine phänomenale Geschwindigkeit 62 km/h und der Fahrbereich bis 400 km erreicht. Unglaublich, aber sogar an Stützgeländegängigkeit übertraf der 48-Tonnen-Panzer KV seine Gegner dank den breiteren Ketten (spezifischer Bodendruck nur 0,77 kg/cm2 gegenüber 1 kg/cm2 bei mittleren deutschen Panzern).

          Eine starke Panzerung des Т-34 und des KV wurde durch eine ebenso starke Bewaffnung ergänzt. Eine 76-mm-Langrohrkanone F-34 (im Unterschied zum kurzrohrigen „Stummel“ des deutschen Pz-IV) mit großer Treffreichweite gaben die Möglichkeit, auf einer verhältnismäßig sicheren Distanz sowohl beliebige deutsche Panzer, als auch leichte Felddeckungen zu zerstören (in der Entfernung von 4 km durchschlug das Geschoss der F-34-Kanone eine 0,5-m starkes Ziegelmauerwerk).           

         Die Deutschen blieben mit der Neubewaffnung der Panzerteile hoffnungslos zurück – zum 22. Juni 1941 schufen sie keinen neuen Panzertyp, und die ganze Verbesserung der Panzerung der vorhandenen Modelle beschränkte sich nur auf die Aufstellung einer zusätzlichen 30-mm-Frontalplatte auf den Panzern Pz-III der Serie H und J und auf die Vergrößerung der Panzerstärke des Aufbaus und Turms des Pz-IV der Serie F auf 50 mm.  Die Seitenoberfläche des Turms, die hohen steil abfallenden Borde und Hecke der deutschen Panzer sogar neuester Modifikationen waren nach wie vor nur mit einer 30-mm starken kugelsicheren Panzerung geschützt, die von der sowjetischen 45-mm Panzerabwehrkanone aus der längsten (gemäß den Bedingungen des Zielschießens) Schußweite von 600-700 m durchschlagen wurde. 

          Die deutsche Optimierung der Panzerbewaffnung ging auch nicht über die Teilmodernisierung der vorhandenen Modelle hinaus. Und zwar erhielten mittlere (für deutsche Begriffe „mittlere“) Panzer Pz-III ab der Serie G eine 50-mm-Kanone KwK-38А, weiterhin wurden mit dieser Kanone die „Dreier“ der früheren Serien E und F ausgerüstet.  Das Splittersprenggeschoss der 50-mm-Kanone KwK-38 wog sogar ein bißchen weniger (1,81 kg gegenüber 2,14 kg), als Splittersprenggeschoss der sowjetischen 45-mm-Panzerkanone 20К. Mit anderen Worten wurde die Bewaffnungsstärke der modernisierten deutschen „mittleren“ Panzer dem Niveau der „hoffnungslos veralteten“  sowjetischen Panzer Т-26 und BT nur angenähert.

         Eine ernsthafte qualitative Optimierung war lediglich die Herstellung einer neuen 50-mm-Panzerabwehrkanone Pak-38 und Belieferung mit dieser Kanone der Infanteriedivisionen der Wehrmacht, obwohl sie der Aufgabe des Kampfes gegen neue sowjetische Panzer nicht vollumfänglich gewachsen war. Selbstverständlich wurde das System der Panzerabwehr der Wehrmacht im Weiteren gründlich verbessert, aber innerhalb eines kurzen Zeitraum (Sommer-Herbst 1941) übertraf zweifellos das sowjetische „Schwert“ in seiner Entwicklung den deutschen „Schild“.

 

Panzerung, mm

      КW

  Т-34

    Pz-IV F

Stirnseite

      75

    45

    50

Bord

      75

  40-45

    30

Turm

     90-75

    52

  50-30 

Heck

     70-60

    45

    22

 

Art und Bezeichnung des Geschützes

Gewicht des Geschosses, kg

Anfangsgeschwindigkeit,  m/Sek

Anfangsenergie, kJoule

Panzerdurchschlagsleistung auf 100 m

Panzerdurchschlagsleistung auf 500 m

deutsche    50-mm Pak-38

    2,06

              830

       710

  88 mm   /  68 mm

        75 mm   /  58 mm

sowjetische     76-mm F-22

    6,30

              690

     1500

  82 mm   /  69 mm

        75 mm   /  61 mm

deutsche Panzerkanone 50-mm KwK-38

    2,06

              690

       490

  54 mm   /   46 mm

         46 mm  /  41 mm

sowjetische Panzerkanone 76-mm F-34

    6,30

              662

     1380

  80 mm   /  65 mm

         69 mm  /  55 mm

 

 

         Wie vorstehend dargestellt, durchschlugen die sowjetischen 76-mm-Kanonen (Divisionskanone F-22 und Panzerkanone F-34) die flache Stirn der schwersten (im Sommer 1941) deutschen Panzer garantiert. Es sei angemerkt, dass sich die hohe Panzerdurchschlagsleistung der sowjetischen 76-mm-Kanonen F-22 und F-34 mit einem großen Gewicht und der unheimlich hohen kinetischen Energie des panzerbrechenden Geschosses (das gegenüber dem Geschoss der deutschen Panzerabwehrkanone PaK-38 ums dreifache am Gewicht und ums zweifache an Energetik überlegen war) einherging. All das sicherte in Verbindung mit einem für panzerbrechende Geschosse der damaligen Zeit ungewöhnlichen Gewicht der Sprengladung (die 76-mm-Geschosse BR-350А/B hatten 120-155g Trotyl, was, z.B. das Gewicht der Sprengladung eines panzerbrechenden 45-mm-Geschosses BR-240 ums zehnfache übersteigt) eine „Hinterpanzerwirkung“, die ausreichend war, um den Panzer zu zerstören und dessen Besatzung außer Gefecht zu setzen. Die Situation war auch dadurch verschlechtert, daß alle deutschen Panzer ohne Ausnahme mit Vergasermotoren bestückt waren, die mit brand- und explosionsgefährlichem Benzin betrieben wurden.

         Andererseits war die im Sommer 1941 beste deutsche Panzerkanone KwK-38 in der Tat fast nutzlos im Kampf gegen den Panzer KV (dessen Panzerung sie aus keiner Richtung sogar beim Schießen aus nächster Nähe durchschlagen konnte), und im Kampf gegen die „Vierunddreißiger“ konnte die Besatzung des deutschen „mittleren“ Panzers Pz-III nur mit einem sehr großen Glück rechnen, wenn das Geschoß den Spalt zwischen den Kettenrollen trifft (in diesem Bereich des Aufbaus eines Т-34 hat die steil abfallende 45-mm starke Bordpanzerung keine Neigung und kann aus einer geringen Entfernung von der Kanone KwK-38 durchschlagen werden). Ehrlich gesagt, mußte sich ein deutscher Panzer darüber hinaus dem Т-34 nähern, der ihn aus einem Kilometer Abstand hätte zerstören können… 

         Kein Wunder, dass schon im Juni-Juli 1941 in Berichten der Kommandeure von Panzerdivisionen und mechanisierten Korps der Roten Armee eine Menge Meldungen folgender Art erschienen: "Die Panzer „KV“ brachten den Gegner in Verwirrung und in allen Fällen zogen sich seine Panzer zurück…es kam vor, wenn ein Panzer KV bis zu 10-14 gegnerische Panzer außer Gefecht setzte … nach den ersten 2-3- Schüssen zerstörten unsere Panzer die des Gegners…die Panzer des Gegners fangen Feuer, nachdem sie von unseren 76-mm-Panzerkanonen getroffen werden … beim Erscheinen unserer Panzer, vor allem der KV geht die Infanterie stiften, Panzer nehmen das Gefecht auch nicht an " ( 63 )

 

 

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